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GM Boris Grachev gewinnt Hilton Open Basel

Publiziert am von Markus Regez

Boris Grachev - Foto von Georg Kradolfer

Boris Grachev sicherte sich mit einem sauber herausgespielten Schwarzsieg in der letzten Runde den Sieg beim Hilton Open in Basel (1.-5. Januar 2012). Er war der einzige Spieler, der 5.5 Punkte erreichte. Damit klettert er über die 2700-er Marke. Für Maxim Turov war es sicherlich ein bitterer Moment, als er den Widerstand in der alles entscheidenden Partie gegen Grachev einstellen musste . Denn er führte vor der letzten Runde mit einem halben Punkt Vorsprung und hatte für den Schlussgang erst noch den Vorteil der weissen Steine auf seiner Seite. Turov spielte aber trotz der Niederlage am Schlusstag ebenfalls ein hervorragendes Turnier und wurde Zweiter mit der besten Feinwertung aller Spieler, die 5 Punkte erreichten. Auf dem dritten Rang folgt der Südamerikanische Grossmeister Alexandr Fier. Nur um einen halben Buchholzpunkt verpasste der Vorjahressieger und bester Schweizer Yannick Pelletier das Podest. Ein sehr starkes Turnier spielte auch der Deutsche FIDE-Meister Matthias Dann. Er wurde mit 5 Punken Neunter. Das Schachfestival in Basel gehört zur festen Grösse im Schweizer Turnierkalender und bot auch dieses Jahr beste Spielbedingungen und Spektakel – Tele Basel brachte einen tollen TV-Bericht über das Turnier (ab Minute 7.10). Grossen Dank gilt dem Organisationskommitee rund um Bruno Zanetti und Peter Erismann.

 

Spannender Kampf um den Turniersieg
Die Partie zwischen Turov und Grachev war aus vielerlei Hinsicht sehr interessant. Wie legt ein Spitzenspieler wie Grachev eine alles entscheidende Partie an? Welche Eröffnung wählt er aus? Turov ist ein d4-Spieler – also was spielt man dagegen, um Gewinnchancen zu erlangen? Grachev spielte ein ganz solides Damengambit – total seinem Stil entsprechend. Vielleicht auch mit dem Gedanken, dass auch ein Remis für einen Platz ganz vorne reicht und falls sich mehr ergibt, dann kann man immer noch auf den vollen Punkt spielen. So nun genug der Rede – schauen wir, wie die Partie verlief!

Turov,Maxim (2645) – Grachev,Boris (2693) [D37]

Hilton Open 2012 Basel (7), 05.01.2012

1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Le7 Grachev spielt ein ruhiges klassisches Damengambit. Der Zug 3. …Le7 ist eine Eröffnungsfeinheit, um in der Abtauschvariante die Aufstellung mit Sge2 zu verhindern. 4.Sf3 Sf6 5.Lf4 [nun wäre die Abtauschvariante harmlos wegen: 5.cxd5 exd5 6.Lg5 c6 7.Dc2 g6! 8.e3 Lf5=; Nach 5.Lg5 h6 6.Lh4 0–0 7.e3 verfügt Schwarz über zwei Varianten, die sehr schwer zu knacken sind: 7…b6 Das solide Tartakower-System, das aber auch ein gewisses Gewinnpotenzial für Schwarz birgt, falls Weiss zu viel will oder ungenau spielt.(7…Se4 die Lasker-Verteidigung, die in letzter Zeit auf allerhöchster Ebene oft zur Anwendung kam und von Jan Gustafsson bereits als das „neue Russisch“ bezeichnet wurde – da Schwarz damit das weisse Spiel austrocknet und sehr schnell den Ausgleich anstrebt.) ] 5…0–0 6.e3 b6 [6…c5 wurde lange Zeit als der Hauptzug angesehen. In letzter Zeit hat Schwarz aber mit 6. …b6 befriedigende Resultate erzielt.] 7.cxd5 Sxd5 [7…exd5] 8.Sxd5 exd5 9.Le2 [9.Ld3 wird häufiger gespielt.] 9…c5 10.0–0 Le6 Hier steht der Läufer besser als auf b7. Die vorliegende Position besitzt viele Ähnlichkeiten zur Tartakower-Variante. 11.dxc5 bxc5 Turov hofft, dass sich die hängenden Bauern als schwach erweisen. 12.Tc1 [12.b3] 12…Db6 13.Dc2 h6 Diagramm

Position nach dem 13. Zug von Schwarz

14.e4!? Turov sprengt das schwarze Bauernduo. Grundsätzlich ist das die richtige Idee gegen die hängenden Bauern entweder e3-e4 oder b2-b4 zu spielen. Aber Schwarz erhält in der vorliegenden Stellung aktives Gegenspiel – vor allem gegen die weisse Dame. [14.b3 Sc6 15.Tfd1 Tac8] 14…Sc6 15.exd5 Lxd5 16.b3 Sb4! 17.Db1 nun ist der weisse Läufer auf e2 ungedeckt und Grachev spielt sofort auf diese Schwäche. 17…Tfe8 18.Le3 Db7 das aktive schwarze Spiel kompensiert die Bauernschwäche auf c5. Vor allem die weisse Dame kommt nun unter Druck. Es droht Ld5-e4. 19.Db2 Lf6 20.Dd2 Tad8! Grachev hat es geschafft, all seine Figuren aktiv aufzustellen. Die Türme stehen ideal auf den Mittellinien. Der Bauer auf c5 geht zwar verloren, aber Grachev gewinnt ihn schon bald zurück. 21.Txc5 Le4 22.Dc1 [22.Tb5 Txd2 23.Txb7 Txe2 24.Txb4 Txa2 führt zu einer Position, in der das schwarz Läuferpaar dominiert.] 22…Sxa2 23.De1 Td5! toll gespielt. Die aktivste weisse Figur soll abgetauscht werden. 24.Da5 Sc3 25.La6 Turov kämpft und sucht ebenfalls nach aktivem Spiel. Ein heisser Kampf ist entbrannt. 25…Txc5 26.Lxc5 Dxb3 Nun steht Schwarz mit einem Mehrbauern da. Für Turov beginnt nun der Kampf ums Remis. 27.Sd2 Der Bauerngewinn kostet jedoch nun das Läuferpaar. 27…Dd5 28.Sxe4 Sxe4 29.Db5! Die beste Möglichkeit. Die Dame greift den Turm an und entfesselt den Lc5, da die Dame nun durch den La6 gedeckt ist. [29.Lb4 Dxa5 30.Lxa5 Ld4 Mit realen Gewinnchancen für Schwarz dank dem Druck auf f2 und dem Mehrbauern.] 29…Te5 30.Db8+! entfesselt den Läufer mit Schach. 30…Kh7 31.Le3 Weiss ist nun wieder ganz nahe am Ausgleich, da Schwarz mit dem Mehrbauern momentan nicht viel anfangen kann. 31…Te7 32.h3 Ein Luftloch kann nicht schaden. 32…Le5 33.Db1 f5 34.Tc1 [34.Td1 war besser. Denn nach dem Partiezug kann Grachev die Angriffsbatterie Läufer / Dame auf der Diagonale b8-h2 aufbauen, was gerade in Zeitnot sehr unangenehm sein kann.] 34…Ld6! 35.Db2 verhindert De5. Doch Grachev findet einen anderen Weg, die Batterie aufzubauen. 35…Tc7 36.Txc7 Lxc7 Diagramm

 

Entscheidende Position nach 36. ...Lxc7

37.Lxa7? Turov holt sich den Bauern zurück, aber das ist zu gefährlich – vor allem wenn die Zeit auf der Uhr knapp wird. Umsichtiger war ein Zug wie [37.g3! Dd6 38.De2 Und es ist nicht einfach für Schwarz, den a-Bauern mobil zu machen. Weiss hat hier sehr gute Remis-Chancen.] 37…Dd6 Der Doppelangriff sieht vernichtend aus. Doch es gab einen Rettungszug, den Turov jedoch nicht fand. 38.Db5? Der entscheidende Fehler! Turov deckt den Läufer, verliert jedoch dreizügig die Dame. Hier war sicher auch Zeitnot im Spiel. [38.Dc2 musste gespielt werden – das ist aber ein Zug, den man nicht so einfach findet. 38. …Dh2+ der beste Gewinnversuch. (38…Dxa6 bringt nichts 39.Dxc7=) 39.Kf1 La5 40.Ld4 Dh1+ 41.Ke2 Dxg2 42.Ld3 Dg6 Mit Vorteil für Schwarz, aber solche Stellungen sind enorm schwierig zu gewinnen.] 38…Dh2+ Weiss gab auf. Er verliert die Damen nach:[38…Dh2+ 39.Kf1 Dh1+ 40.Ke2 Sc3+] 0–1
Ein heroischer Kampf!

 


Viele weitere spannende Partien
Das Hilton-Open Basel lieferte viele weitere umkämpfte und faszinierende Duelle. Auf der Website http://www.schachfestivalbasel.ch/ findet sich eine Partieauswahl des Meisterturniers. Ich werde im Verlaufe der nächsten zwei Wochen nochmals auf das Partiematerial des Hilton-Opens zurück kommen.

 

Matei Vladout aus Rumänien gewinnt Amateuropen
Im Amateuropen gab es ebenfalls einen ungeteilten Sieger – Matei Vladout gewann mit 6 Punkten aus 7 Runden. Auf dem zweiten Platz folgte mit 5.5 Punkten Gilda Thode. Die junge Dame aus der SG Zürich spielte ein tolles Turnier und darf sich über einige Elopunkte freuen. Dritte wurde Natalia Vorotnikova aus Moskau ebenfalls mit 5.5 Punkten.