Die erste schweizer Plattform für Schachspieler & Trainer

Über 40 Schweizer am Neckar-Open 2012

Publiziert am von Markus Regez

„Die Schweizer vermehren sich hier!“ Das war die Aussage eines in Deutschland lebenden Internationalen Meisters, der gerade eine bittere Niederlage gegen einen Eidgenossen einstecken musste. Es ist wirklich so! Ich war jetzt bereits das fünfte Mal am Neckar-Open und so viele bekannte Gesichter sah ich noch nie. Es hat sich herumgesprochen, dass das grösste Open Deutschlands, das jeweils über die Ostertage stattfindet hervorragend organisiert ist. In fünf Tagen werden neun Runden gespielt, was vor allem für Normenjäger ganz attraktiv ist. Zu den Turnier-Specials gehört auch das Einläuten der Runden mit rockiger Popmusik (beim Ausblenden der Musik beginnt der Kampf am Brett!) sowie der Shuttle-Service der Spieler von den Hotels zum Spiellokal und wieder zurück. Der Hauptorganisator Sven Noppes verzeichnete dieses Jahr mit 764 eingeschriebenen Spielern einen neuen Teilnehmer-Rekord! Im A-Open spielten 388 Spielerinnen und Spieler, darunter nicht weniger als 95 Titelträger.

 

GM Istratescu hatte am Ende die Nase ganz vorne
Zu den meistgenannten Anwärtern auf den Turniersieg gehörten die beiden Weltklasse-Grossmeister Etienne Bacrot und Arkadji Najditsch, letzterer gewann das Turnier im Vorjahr souverän. Doch das kräfteraubende Turnier mit zwei Runden pro Tag brachte einige Überraschungen hervor. So verlor GM Naiditsch, nachdem er bereits in der zweiten Runde ein Remis abgegeben hatte in Runde 6 gegen das sechzehnjährige Jungtalent GM Richard Rapport aus Ungarn. GM Bacrot erwischte es in der vorentscheidenden achten Runde gegen GM Konstantine Shanava mit Schwarz. Am Ende hatte GM Andrei Istratescu mit 7.5 Punkten aus 9 Runden knapp die Nase vorne. Dank leicht besseren Buchholzpunkten verwies er GM Shanava auf den zweiten Platz. Dahinter folgte Etienne Bacrot auf dem dritten Rang, an der Spitze einer Gruppe von 12 Spielern, die alle 7 Punkte erreichten. Das Turnier seines Lebens spielte der titellose Deutsche Benno Jaeschke. Mit einer Elo von 2224 spielte er konstant an den vorderen Brettern und erreichte mit 6.5 Punkten den hervorragenden 18. Platz. Seine Performance von 2601 brachte ihm eine GM-Norm ein!

Auf der Neckar-Open Website finden ich einige interessante Videos. Hier beispielsweise die Schlussphase aus der Partie Arkadij Naiditsch – Svetlin Mladenov.

Die Resultate der Schweizer
Als beste Schweizer klassierten sich IM Olivier Moor und FM Roland Lötscher mit 6.5 auf dem 26. Respektive 27. Platz. Ein starkes Turnier spielte auch IM Oliver Kurmann, der immer wieder an den Live-Brettern spielte. Hätte er in der letzten Runde einen leichteren Gegner gehabt, hätte er wohl einen Rang in den Top 20 erreicht. Aber die Aufgabe mit Schwarz gegen GM Naiditsch zu spielen, war nicht leicht und Kurmann verlor die Partie laut eigener Aussage, weil er einen nicht vollwertigen Eröffnungsaufbau wählte. Doch trotzdem wird der sympathische Schweizer das Turnier in guter Erinnerung behalten, nicht zuletzt auch, weil er während dem Turnier zu einem Radio-Interview eingeladen wurde.
Unbedingt erwähnenswert sind zudem die Turnierleistungen von Noel Studer (5.5 Punkte und einer Performance von 2363) sowie von Kaspar Kappeler (6 Punkte, Performance von 2362). Beide waren lange im Bereich einer IM-Norm unterwegs. Beste Schweizerin wurde WIM Monika Seps mit 5.5 Punkten. Mir selbst gelang ein zufriedenstellendes Turnier (5.5 Punkte, Performance von 2275). Leider nutzte ich nicht all meine Chancen, hatte aber auf der anderen Seite auch mal das Glück auf meiner Seite.

 

Bester Schweizer: Olivier Moor

Beste Schweizerin: Monika Seps

Spielte ein starkes Turnier: Kaspar Kappeler

Quelle der Fotos: Website Neckar-Open, Fotograf: Georgios Souleidis

Einzigartige Turnieratmosphäre
Unsere kleine Schweizer Delegation, die im „Hotel Maitre“ in Wernau logierte, umfasste sieben Spieler: Jonas Wyss, Kaspar Kappeler, Marco Gähler, Florian Schiendorfer, Damian Karrer, Robert Salzer und meine Wenigkeit. Trotz den Doppelrunden fanden wir Zeit für lustvolle Analysen auf dem Taschenschach zwischen Pizza-Tellern und Gläsern. Jeden Morgen war mir danach, die Schweizer Nationalhymmne unter der Dusche zu singen – leider konnte ich mich kaum mehr an den Text erinnern. Aber anscheinend motivierte es meinen Zimmergenossen Kaspar Kappeler zu Höchstleistungen, die ihn in der 6. Runde an ein „Live-Board“ brachten, wo er eine sensationelle Partie gegen den Schwedischen IM Lindberg spielte. Siehe Partieanalyse Kappeler – Lindberg! Leider brachte er am Ende nicht den ganzen Punkt nach Hause, sondern nur den halben. Trotzdem: diese Partie war meiner Ansicht nach die spannendste an den Live-Boards an diesem Tag.

Nun zur Partie-Auswahl! Ich beginne mit einem schön herausgespielten Sieg des Erstplatzierten.

In der dritten Runde trafen zwei starke Schweizer aufeinander: FM Burnier spielte mit Weiss ein aggressives System gegen IM Olivier Kurman.

Nun zur spannendsten Partie an den Live-Brettern in Runde sechs! Kaspar Kappeler sorgt für Entertainement.

Eine echte Kampfpartie lieferten sich in der zweiten Runde der erfahrene GM Farago und das Schweizer-Nachwuchstalent Noel Studer.

Eine Igel-Musterpartie gelang Kaspar Kappeler in Runde 5 gegen IM Boguslavsky!

Und nun noch meine Aljechin-Partie mit der 14-zügigen Kombination gegen Timo Schönhof. Jonas Wyss brachte die Stellung nach dem 22. Zug von Weiss in seiner Schachspalte im Bündner Tagblatt (siehe ganz unten!).

Hier die besagte Schachspalte vom Samstag, 21. April 2012: